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Dolphin DOS

Flinker Delfin

von Tim Schürmann 
(mit großem Dank an Jan Bubela)

Unter den Beschleunigungssystemen für die Diskettenstation 1541 gilt sicherlich Speeddos als das bekannteste und verbreitetste System. Nur unwesentlich weniger Fans hatte Dolphin DOS, das sogar heute noch im Einsatz ist.

Das Diskettenlaufwerk des Commodore 64 stellte bereits bei seiner Veröffentlichung nicht gerade Geschwindigkeitsrekorde auf. Drittanbieter erkannten die Marktlücke und entwickelten in schneller Folge Hardwaresysteme, die dem wuchtigen Gerät Beine machen sollten. Bei den ersten Modellen tauschte der Käufer nur die Betriebssysteme des Computers und des Diskettenlaufwerks (engl. Floppy) aus. Später folgten immer aufwendigere Konstruktionen, die schließlich bei TurboTrans in einer kompletten Zwischenspeicherung der Diskette in einem schnellen Puffer gipfelten.
Nachdem die serielle Übertragung für weitere Geschwindigkeitssteigerungen nicht mehr ausreichte, führte Speeddos erstmals ein zehnadriges, paralleles Kabel ein. Es verband den Userport des C64 direkt mit dem Ein- und Ausgabebaustein 6522 (auch VIA genannt) der Floppy. Auf diesem Kabel bauten die meisten nachfolgenden Beschleunigungssysteme auf. Darunter so bekannte wie Rex DOS, TurboAccess oder Professional DOS [28]. In diese Aufzählung reihte sich auch Dolphin DOS ein. Entwickelt wurde es von Jan Bubela, der sich für den Hardwareteil verantwortlich zeigte und dem Programmierer Günther Jilg. Das Ergebnis ihrer Arbeit wurde zum ersten Mal im April 1986 in der Zeitschrift 64'er erwähnt [19]. Den Verkauf übernahm Jan Bubela im Eigenvertrieb, damals noch aus Frankfurt am Main. Die Kosten der ersten Version für den C64 oder C128 mit 1541, bzw. den SX64 lagen anfänglich bei 198 Mark. Eine zweite Floppy konnte für weitere 165 Mark (beim SX64 175 Mark) mit Dolphin DOS ausgestattet werden. Der bereits erwähnte 64'er Artikel spricht auch von einem "Uprgade-Kit für Speeddos" für 165 Mark [19]. In Werbeanzeigen des Herstellers taucht diese Option allerdings nicht auf. Der C128 konnte zunächst nur mit umgerüsteten 1541-Laufwerken zusammen arbeiten [19]. Hierbei wurde ein zusätzliches EPROM für 30 Mark benötigt, das als Ersatz für das C128-Betriebssystem diente.
Das mitgelieferte Handbuch, geschrieben von Günther Jilg, wurde mehrfach in Vergleichstests als das Beste unter allen anderen Handbüchern gelobt - z. B. in der Happy Computer, Ausgabe 7/89 als "verständlich und ausführlich" [22].
Als ergänzende Programme konnten für jeweils 25 Mark der Dateikopierer "Multi-Dub", geschrieben von Kurt Cotoaga und Michael Priske und ein 25-Sekunden Backupprogramm namens "Dolphin-Copy", geschrieben von Lutz Vieweg, erworben werden [2]. Nur kurze Zeit später wurden Sie dem Beschleuniger kostenlos beigelegt.

Etwas Hintergrundwissen 
Eine Diskette unterteilen die Laufwerke des Commodore 64 in logische Bereiche. Zunächst werden Ringe gebildet, die von außen nach innen durchnummeriert werden. Dies sind die Tracks (auf Deutsch Spuren). Jeder Track wird in einzelne Sektoren zerteilt - ähnlich den Kuchenstücken einer Torte. In den Sektoren werden die einzelnen Nutzdaten als Folge wechselnder Magnetisierungen auf der Magnetfolie der Diskette abgelegt.
Der Schreib-/Lesekopf kann nur Folgen von Nullen und Einsen schreiben und lesen (je nach Magnetisierung der Diskette). Um heraus zu finden, wo Sektoren beginnen und enden, wird eine spezielle Folge von Nullen und Einsen als Kennung aufgebracht. Diese Folge darf aber nicht mehr in den Nutzdaten auftauchen - ansonsten würde das Laufwerk denken, dass ein neuer Sektor beginnt. Als Lösung hat man bei Commodore auf die so genannte GCR-Kodierung gesetzt. Dabei werden vier Bit Nutzdaten in fünf Bit kodiert. Dies bedeutet aber auch, dass die gelesenen Daten vor einer Übertragung zum C64 dekodiert, bzw. vor dem Abspeichern in das GCR-Format kodiert werden müssen.

Aufbau

Dolphin DOS bestand aus dem bereits angesprochenen, zehnadrigen Parallelkabel, einer kleinen Platine, die das eingebaute Betriebsystem (Kernal) des C64 ersetzte und einer weiteren Platine, die in die Floppy eingebaut werden musste. Auf letzterer war ein EPROM (ein programmierbarer Nur-Lese-Speicher) mit dem neuen Betriebssystem der Floppy, zusätzlicher Speicher (RAM) und etwas Steuerelektronik verbaut. Das EPROM der Laufwerksplatine brachte mit 24 KByte ein Drittel mehr auf die Waage als das 16 KByte umfassende Original-ROM. Der Größenunterschied resultierte hauptsächlich aus der Tatsache, dass die Entwickler schnellere, dafür aber platzfressendere GCR-Tabellen einsetzten. Letztere wurden bei der Kodierung, bzw. Dekodierung der Daten im GCR-Format herangezogen (vgl. Kasten "Etwas Hintergrundwissen").
Der Einbau setzte voraus, dass insgesamt drei Bausteine auf einem Sockel saßen. Betroffen waren im C64 der Baustein für den Kernal, sowie in der Floppy der Prozessor nebst dem bereits angesprochenen Ein- und Ausgabebaustein. Waren sie fest auf die Platine gelötet, kam man nicht um einen Lötkolben oder eine Fachwerkstatt seines Vertrauens herum.
Auf der C64-Seite wurde nur das Betriebssystem (Kernal) getauscht. Der zugehörige Baustein befand sich im Platz mit der Bezeichnung "U4" und musste dort mit einem Schraubendreher vorsichtig ausgehebelt werden. Die mitgelieferte Platine, auf der das neue Betriebssystem saß, wurde anschließend in den nun leeren Sockel auf der Platine gesteckt.
Im Diskettenlaufwerk bekam der Ein-/Ausgabebaustein 6522 einen Zwischensockel untergeschoben, von dem aus das ein Meter lange Parallelkabel zum C64 wegführte. Dank letzterem liefen unter Dolphin DOS auch Programme, die ein solches Kabel für den Betrieb zwingend voraussetzten. Ein Beispiel ist hierfür der beliebte Kopierprofi "Burst Nibbler". In späteren Dolphin DOS Versionen wurde das Parallelkabel und der Ein-/Ausgabebaustein auf der Floppy-Platine untergebracht.
Der Floppy-Prozessor 6502 wurde ebenfalls entfernt und auf die mitgelieferte Floppyplatine gesteckt. Letztere fand ihren Platz im so frei werdenden Prozessorsockel.

Der große Bruder

1987 wurde eine als Dolphin DOS 128 bezeichnete Variante ausschließlich für den Commodore 128, bzw. 128D und der 1571 angeboten (auch als Dolphin DOS C128 geführt, wie z. B. unter [5]). Sie bestand aus einem normalen Dolphin DOS nebst des für 30 DM extra erhältlichen Chips. Da der C128 zwei Betriebssysteme mit sich führte, mussten zwei Bausteine im Rechner ausgetauscht werden: sowohl der C64- als auch der C128-Kernal gegen seine Dolphin DOS Pendants. Laut [1] bestand eine merkliche Beschleunigung nur im C64-Modus. Auf der C128-Seite wurde lediglich die Erkennung der eingelegten Diskette verbessert. Ein Kombinationsbetrieb von Dolphin DOS mit einer 1541 und einer 1571 war möglich. Die Kosten lagen anfänglich bei 228 Mark für Dolphin DOS 128 und bei 165 Mark für die Ausstattung eines zweiten Laufwerks [5]. Später im Jahr erschien unter dem gleichen Namen eine leicht verbesserte Variante für 249 Mark, die schon auf Dolphin DOS 3 aufbaute (dazu später mehr) [6].

Benchmark

Von den Geschwindigkeiten spielte Dolphin DOS klar in der oberen Liga mit. So erreichte es zwar nicht die Geschwindigkeiten von Professional DOS, blieb aber nur knapp unter dessen Werten. So brauchte Professional DOS für das Laden von 220 Blöcken ungefähr 3 Sekunden, während sich Dolphin DOS ca. 5 Sekunden Zeit ließ. Dafür eroberte Dolphin DOS beim Speichern die Krone des Schnellsten zurück. Diese Werte lieferten nicht nur die Vergleiche der damaligen Fachzeitschriften, auch eigene Tests bestätigten diese Ergebnisse (siehe auch [1]). In der Praxis waren diese Unterschiede jedoch kaum zu bemerken.

Funktionsweise

Dolphin DOS basierte auf drei Prinzipien. Zum einen erweiterte es den freien Speicher der Floppy, der dem System als Zwischenspeicher (Puffer) diente. Dabei waren 8KByte RAM ab der Adresse $8000 verfügbar. In diesem RAM pufferte Dolphin DOS immer gleich einen ganzen Track. Weiterhin erfolgte die Übertragung zum C64 parallel - die Daten flossen also nicht hintereinander, wie bei der normalerweise verwendenten, seriellen Verbindung. Als letzte Maßnahme ermöglichten die neuen, verbesserten GCR-Tabellen eine schnellere Dekodierung, bzw. Kodierung der GCR-Daten. Dies alles zusammen reichte bereits aus, um auch ohne ein spezielles Diskettenformat, die oben aufgeführte Leistung zu erreichen.
Um eine größt mögliche Kompatibilität zu bestehender Software zu wahren, ließ sich Dolphin DOS in mehreren Stufen, bis hin zum originalen Betriebssystem, abschalten. Der standardmäßig aktivierte Dolphin DOS Modus umfasste das gesamte angebotene Funktionsspektrum, das mit entsprechenden Befehlen sukzessive deaktiviert werden konnte. In der minimalen Variante arbeiteten nur noch die Beschleunigungsroutinen. Ein Test in [19] spricht davon, dass bereits 99 Prozent der kopiergeschützen Software nur durch das sequentielle Abschalten der Funktionen zum Laufen gebracht werden konnten. Dank eines entsprechenden Kabels ließ sich das System sogar während des Betriebs hardwaremäßig und absturzfrei komplett deaktivierten. Damit lief - wenn auch unbeschleunigt - nahezu sämtliche Software unter Dolphin DOS. Andere Speeder konnten oft nur mit eigenen Hardwareumbauten wieder auf das Originalbetriebssystem zurück geschaltet werden.

Aufgebohrt

Dolphin DOS bot neben der Beschleunigung eine Vielzahl weiterer Funktionen. Eine kleine Übersicht gibt der Kasten "Mehrwert". Der Programmierer Günther Jilg leistete hier ganze Arbeit: Er brachte mehr zusätzliche Funktionen unter, als die anderen Systeme zum damaligen Zeitpunkt boten. Leider fielen dabei die normalerweise integrierten RS232-Routinen und sämtliche Funktionen zum Betrieb einer Datasette (Datenspeicherung auf Kassetten) zum Opfer. Der Einsatz einer Datasette in Verbindung mit bestimmten Beschleunigern, wie Turbotape, sollte aber weiterhin möglich sein. Im Internet kursiert eine inoffizielle Version mit integrierten Kassettenroutinen, wobei dort aber die komfortablen @-Befehle fehlen. Darüber hinaus wurde durch das Parallelkabel der Userport blockiert. Wer weitere Geräte, wie einen Drucker mit Centronics-Schnittstelle anschließen wollte, benötigte zwangsweise eine Userport-Weiche.
Die Programmierung des Floppy-ROMs wurde zum Anlass genommen, einige Fehler des Originalsystems zu beseitigen. So schlug der Schreib-/Lesekopf beim Formatieren nicht mehr an, die Funktion zum Ersetzen von Dateien wurde korrigiert und die Diskette wurde nach dem Einlegen in das Laufwerk automatisch zentriert. Des weiteren integrierten die Entwickler eine Unterstützung für die oberen, normalerweise nicht zugänglichen Tracks. Hierdurch konnten insgesamt 749 freie Blöcke mit Daten gefüllt werden. Die entsprechend formatierten Disketten wurden softwaremäßig erkannt. Um dies zu ermöglichen, ging Dolphin DOS einen eigenen Weg: Jeder Sektor einer Diskette fängt nicht nur mit einer Kennung an, es folgen auch noch ein paar Metadaten in einem so genannten Sektor-Header. Um eine Diskette mit 40 formatierten Tracks zu markieren, benutze Dolphin DOS eines von zwei Füllbytes in jedem Sektor-Header - und zwar auf jedem Track. Hierdurch musste der Kopf für eine Abfrage nicht extra auf einen anderen Track und in eine bestimmte Spur fahren, um den Typ der Diskette zu bestimmen. Allerdings brachte dies den Nachteil mit sich, dass eine Diskette komplett neu beschrieben werden musste, nur um auch die letzten 5 Tracks nutzen zu können.

Mehrwert 
Gegenüber dem originalen Betriebssystem des C64 brachte Dolphin DOS folgende Ergänzungen mit:
  • Kleiner, eingebauter Maschinensprachemonitor
  • Frei programmierbare Funktionstasten, davon waren zwölf F-Tasten vorbelegt (vier normale, vier in Kombination mit Shift und vier in Kombination mit der Commodore-Taste). Mit Hilfe eines mitgelieferten Zusatzprogramms konnte die Belegung geändert und auf einer Diskette gespeichert werden.
  • Centronics Schnittstelle für den direkten Anschluss von entsprechenden Druckern am User-Port, inklusive Groß- und Kleinschrifterkennung
  • Hardcopy (Bildschirmschnappschuss)
  • OLD-Funktion (zurückholen von gelöschten BASIC-Programmen im Speicher)
  • Funktionen zum vereinfachten Arbeiten mit verschiedenen Zahlensystemen, wie z. B. eine Umrechnung von hexadezimaler in dezimale Zahlendarstellung.
  • Stark verbesserte Reset-Routine, die einen Autostart von Modulen verhinderte, automatisch in den Monitor sprang, das RAM mit Nullen löschte oder nach dem Einschalten den Speicher nur schnell testete (die meisten Vektoren blieben dabei erhalten).
  • Teilweise kompatibel zu Speeddos.
  • Vereinfachte DOS-Befehle, bei denen z. B. die umständliche Eingabe des sonst nötigen OPEN-Befehls durch den Klammeraffen "@" ersetzt wurden.
  • Erweiterte DOS-Befehle. So konnten mit dem zusätzlichen Kommando "X", schnell Dateien mit einem Schreibschutz versehen (XL/XU) oder die Geräteadresse der Floppy geändert (X<Zahl>) werden. Weiterhin diente er zum ein- bzw. ausschalten des zusätzlichen RAMs, des Parallelkabels und des automatischen Verify nach dem Schreiben eines Blocks.
  • Verbesserte Befehle für die Bildschirmsteuerung des Cursors: so ließ sich der Cursor im BASIC-Editor komfortabel an verschiedene Positionen dirigieren (bei [Control]-[B] sprang der Cursor z. B. in die letzte Bildschirmzeile). Weiterhin konnte eine ganze Zeile in einem Puffer zwischengespeichert werden.
  • Erweiterter SYS-Befehl: er verstand Zahlen im hexadezimalen Format, ein einstelliger SYS-Befehl (z. B. SYS$A) addierte den Wert auf 4096 und SYS0 führte den Maschinenbefehl BREAK aus, das in der Regel in den eingebauten Monitor sprang. SYS ohne Adressangabe startete ein Programm an der zuletzt geladenen Adresse.

Die Nachfolger

Noch im selben Jahr der Erstveröffentlichung erfuhr Dolphin DOS ein kleines Update auf die Version 2.0. Die von Günther Jilg entwickelte Betriebssystemsoftware blieb dabei fast unverändert. Dolphin DOS 2.0 selbst existierte in einer Version für die 1541 (das erste Modell) und die 1541C. Andere Laufwerke wurden nicht unterstützt.
Der Beschleuniger wurde in [3] inklusive Dolphin-Copy und Multi-Dub für 198 Mark angeboten. Dolphin DOS 2.0 selbst wechselt in Anzeigen und Test öfters den Namen. So fällt später die Versionsnummer kurzzeitig unter den Tisch, taucht dann aber wieder auf.

Angebot und Nachfrage

Im Laufe der Zeit führte Jan Bubela immer wieder Zusatzprogramme im Angebot, wie ein "Tape-Backup zum Erstellen von Disk-Sicherheitskopien in kompaktierter Form auf Band mit Dolphin-DOS oder jedem anderen beliebigen Betriebssystem" [4]. Oder Twin-Copy für 39,- Mark, ein Backupprogramm, das innerhalb von 15 Sekunden mit zwei Parallelkabel-bestückten 1541 eine Kopie erstellt [6].
Mit zunehmender Beliebtheit eröffnete Jan Bubela schließlich auch ein Ladengeschäft in Frankfurt. Weiterhin lies der Erfinder den Markennamen Dolphin schützen und taufte seine Firma in Dolphin Software um. Der Name taucht zum ersten Mal 1987 in [7] auf, wechselte im Laufe der Jahre aber noch mehrfach, wie z. B. 1989 in Dolphin DOS Vertrieb [14] und am Ende des selben Jahres in Dolphin Software GmbH [16]. Der (Rechte-)Inhaber bleibt mit Jan Bubela aber stets dieselbe Person.
Darüber hinaus wird Dolphin DOS auch im Ausland angeboten. In England ist der Lizenznehmer die Firma "Evesham Micros", wie aus der englischen Anleitung hervor geht [23]. In Australien liefert die Firma Micro Accessories das System aus. In der englischen Presse erhält Dolphin DOS extrem gute Kritiken. So wählt die Zeitschrift "Commodore Computing International" den Beschleuniger zum "Utility of the Year" [5]. Bereits 1987 meldet eine Anzeige weltweit 5000 verkaufte Einheiten [5].

Die Raubkopierer

Aufgrund seines einfachen Aufbaus wurde Dolphin DOS zu einem beliebten Objekt der Produktpiraterie. Zwar war es etwas aufwendiger eine Kopie der Platine herzustellen, als z. B. bei SpeedDOS - dem wohl meist kopierten Speeder. Trotzdem wurden nachgemachte Dolphin DOS-Systeme zu einem lukrativen Geschäft. Meist wurden sie als "gebraucht" extrem günstig angeboten. Teilweise gaben sich die Fälscher sogar als Entwickler aus.
Bereits kurz nach der Veröffentlichung 1986 hatten die Erfinder mit den Raubkopien zu kämpfen. In ihrer Anzeige in [4] warnen sie "vor minderwertigen Dolphin-DOS-Nachbauten, die als 'gebraucht' angeboten werden!". Und eindringlicher in einer weiteren Anzeige [5]: "Achtung: Illegale Nachbauten werden als 'gebrauchte originale Dolphin-Dos' angeboten. Es sind meist minderwertige Platinen, die zu einer Schädigung Ihres Computers führen." Dabei beschränkten sich die Raupkopien nicht nur auf Deutschland. So ist ein Schaltplan für einen Nachbau aus der DDR von 1989 noch heute im Internet zu bewundern.

Alle guten Dinge sind Drei

Im November 1987 erschien die dritte Revision von Dolphin DOS unter dem Namen Dolphin DOS 3.0 [7]. Die neuen und unterschiedlichen Diskettenlaufwerke machten es notwendig, entweder für jedes Laufwerk eine eigene Platine zu entwickeln oder eine einzige, dafür etwas kompliziertere Fassung zu bauen. Die Entwickler von Dolphin DOS entschieden sich für die letzte Variante. Die notwendigen Hardwareänderungen betrafen nicht nur die Floppy-Platine, sondern auch das bislang verwendete Standardkabel. Des weiteren wanderten die 8 KByte RAM an die Speicheradresse $6000 und anstelle des 6522 trat der Ein-/Ausgabebaustein 6821. Dieses Vorgehen verwendete übrigens auch das Konkurrenzprodukt Prologic DOS Classic. Den Modifikationen trotze nur die Software, die wie schon bei Dolphin DOS 2.0 fast unverändert übernommen wurde. Zum zweijährigen Jubiläum wird dies in einer Anzeige besonders hervor gehoben: "Die Software des DOLPHIN DOS konnte wegen der Fehlerfreiheit seit nahezu zwei Jahren unverändert bleiben" [10]. Damit war das System übrigens eines der stabilsten Beschleuniger. Alle anderen Systeme erfuhren im Laufe ihres Lebens wesentlich mehr Revisionen und Fehlerbereinigungen. Diese Kompatibilität ging sogar soweit, dass man das System im Mischbetrieb betreiben konnte. So war es z. B. möglich, eine Floppy mit Dolphin DOS 2.0 an einem Computer mit Dolphin DOS 3.0 einzusetzen.
Dolphin DOS 3.0 war dank der neuen Platine etwas schneller als sein Vorgänger. In einem Test der Zeitschrift 64'er zeigten die Ergebnisse, dass Professional DOS bis zu 27,6fach und Dolphin DOS 3.0 bis zu 27fach beschleunigt [20]. Im Gegenzug sinkt die Kompatibilität mit bestehender Software. Einige Nutzer berichten noch heute in Newsgroups und Foren, dass die Kompatibilität hinter der von Speeddos blieb. Dies galt erst recht für Software, die das Speeddos-Kabel voraussetzte. Ein Grund für das schlechtere Abschneiden lag nicht nur am gänzlich anderen Aufbau des Parallelkabels, sondern auch darin, dass Dolphin DOS bei der 1571 konsequent die Möglichkeit einer Taktung auf 2MHz ausnutzte - und das selbst bei der 1541-Emulation.
Das neue Dolphin DOS unterstützte nun auch CP/M-Software "wie Superbase, Vizawrite, Textomat, Dbase II u. v. a." [7]. Einen Monat nach seiner Markteinführung wird in einer Anzeige der Dolphin-Hexer speziell für den C128 angeboten [8]. Es handelte sich um ein Filecopy (Einzeldatei-Kopierprogramm) und Backupprogramm, das den C128-Modus ausnutzte. So verwendete der Dateikopierer z. B. den 80-Zeichenmodus. Auch wenn der Name es vorgaukelt: das Programm lief auch ohne Dolphin DOS - dann allerdings erheblich langsamer.
Zunächst wurde Dolphin DOS 3.0 nur für C128-Rechner mit 1571 oder 1570-Laufwerken angeboten. Wie die Werbung unter [7] verrät, blieb Dolphin DOS 2.0 für C64-Computer weiterhin im Angebot. Die Preise lagen bei 249 Mark für Dolphin DOS 3.0 und bei 198 Mark für Dolphin DOS 2.0. Ein Update von "Dolphin DOS im C128" auf 3.0 war für 198 Mark zu bekommen [7].
Ab 1988 wurde nur noch Dolphin DOS 3.0 verkauft. Diesmal auch für den C64. Die Neueinführung ging mit einer Preissenkung auf 178 Mark für die C64- und 198 Mark für die C128 Version einher [9]. Gegen Ende des Jahres wurde der Dolphin-Hexer kostenlos der C128-Version von Dolphin DOS beigelegt [11].
Technisch änderte sich ab diesem Zeitpunkt nichts mehr. 1988 fand noch ein Umzug des Unternehmens nach Oberursel statt [12]. 1989 wurde der Preis wieder auf den Ursprünglichen erhöht: beim C64 auf 198 Mark, die C128 Version kostete 218 Mark. Bereits Ende des Jahres wird diese Erhöhung aber schon wieder zurück genommen [15]. Beide Produkte wurden auch über verschiedene Zwischenhändler, wie z. B. den Elektronikversender Conrad verkauft. Bei ihm fanden sich auch nach dem Ende des offiziellen Dolphin DOS-Vertriebs immer mal wieder Resposten des Beschleunigersystems.

Das Ende

Ab 1990 setzt ein Ausverkauf ein, bei dem alle Systeme nur noch 139 Mark kosteten [17]. Das letzte Inserat für Dolphin DOS erschien Anfang 1991 [18]. In einem großen Floppy-Speeder Vergleichstest in der 64'er Ausgabe 11/91 wird Dolphin DOS bereits nicht mehr erwähnt [21].
Jan Bubela arbeitete noch eine Zeitlang im Bereich der unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV). Heute - im Jahre 2003 - lebt und arbeitet er in Prag als Unternehmensberater.
Günther Jilg hat in Frankfurt Medizin studiert. Zuletzt arbeitete er in der Uniklinik Frankfurt, wo er nber das Thema relationale Datenbanken promovierte. Danach verliert sich leider seine Spur.
Lutz Vieweg wurde Diplom-Physiker, Kurt Cotoaga Diplom-Kaufmann. Sie und Michael Priske sind ihrem Hobby in treu geblieben und sind alle in der Computerbranche in Frankfurt tätig.
Insgesamt erschienen im Laufe der Jahre vier verschiedene Dolphin DOS-Versionen. Die ersten beiden waren ausschließlich für den Einbau in die 1541 bestimmt. Durch das Erscheinen der 1541C wurde eine dritte Version benötigt. Dank der vierten Variante konnten die 1570 und 1571, bzw. das eingebaute Laufwerk des C128D auch unter einem C128 betrieben werden.

Interview mit Jan Bubela 
Wann begann 1985 die Entwicklung? Was war die Motivation, bzw. wie kam die Idee? Wie lernten sich die Entwickler kennen?
Wir (Günther Jilg, Michael Priske, Ralf Köhler und ich (sowie einige andere) waren eine Gruppe von C64-Begeisterten, die sich ab 1984 regelmäßig zum Informationsaustausch - meist in Günthers Wohnung in Frankfurt - trafen. Immer wieder grübelten wir darüber nach, wie man die Datenübertragung zwischen C64 und Floppy beschleunigen konnten. Günther kam schließlich dahinter, wenn er einen kompletten Datentrack während einer Umdrehung des Diskettenlaufwerks einlesen könnte, würde man dadurch fantastische Steigerungen erreichen. Damit war der Grundgedanke geboren - nun musste es hardwaremäßig realisiert werden. Da machte ich mich ans Werk und entwickelte eine Platine, auf der ein 8KB großer RAM-Baustein sowie ein 32 KB EPROM seinen Platz finden konnte, damit Günther Platz zum programmieren hatte. Übrigens: wir wollten von Anfang an eine kostengünstige Hardware haben, die keine unnötigen Anforderungen an die ohnehin heiße 1541 stellt, wie z.B. das Prologic DOS, welches eine Taktung mit 2 MHz benutzte. Dadurch waren Günthers Programmiertricks gefordert und nach einigen Monaten kam dann tatsächlich das Resultat ans Licht.

Wann erschien die erste Dolphin DOS-Version? Im Januar 1986?
Ja - diese war nur einem engen Kreis von Testpersonen zugänglich - unter anderem dem Markt und Technik Verlag.

Worin bestand der Unterschied zur Folgeversion Dolphin DOS 2.0?
Es gab einige hundert Stück von Dolphin DOS 1.0, das in den CPU 6502-Sockel gesteckt wurde. Als Kabel verwendete man ein Speeddos-kompatibles Kabel (d. h. jemand der bereits so ein Kabel hatte konnte dieses verwenden). Schon Mitte 1986 kam dann die Version 2.0, bei der die 6522 VIA mit auf die Platine aufgenommen wurde und auf der das Parallelkabel Platz fand.

Warum wurde die Firma mehrfach umbenannt?
Ich hatte seit Juli 1985 eine Handelsvertretung angemeldet und später nannte ich das Geschäft "Dolphin Software". Als ich später andere Aufgaben übernahm, nannte ich den Teil der Firma, der sich mit dem Dolphin DOS beschäftigte "Dolphin DOS-Vertrieb".

Gab es Upgrade-Kits?
Nein, die Software war von Anfang an ausgereift. Gerade darauf waren wir sehr stolz.

Wie groß oder massiv war der Ärger durch Raubkopierer? Ist der (monetäre) Schaden durch Raubkopierer abschätzbar?
Wir haben nie eine Schätzung vorgenommen. Einmal gingen einige Raubkopierer soweit, dass sich bei uns Kunden beschwerten und uns fast wegen der mangelhaften Qualität beschimpften. Das gab dann den Anstoß zu einer Strafanzeige, die zu einer Beschlagnahme der Plagiate führte. Raubkopierer, die für sich das Dolphin DOS gebastelt haben, störten uns nicht, denn viele hätten ohnehin das Geld nicht bezahlen wollen/können. Solange keiner daraus ein Geschäft machen wollte, drückten wir die Augen zu.

In einer Newsgroup taucht einmal ein Dolphin DOS Pro und Dolphin DOS Plus auf. Was hat es damit auf sich?
Von uns gab es kein Dolphin DOS Plus. Vielleicht eine geänderte Raubkopie.

Wann war das Ende für Dolphin DOS und warum kam es?
Das war rund um das Jahr 1990, als Amiga und PC's zunehmend das C64-Geschäft hemmten. Schließlich kostete es zu viel Zeit, die Hotline aufrechtzuerhalten und als ich ins USV-Geschäft eingestiegen bin, musste ich mich schweren Herzens entscheiden, das Geschäft, das mir 5 Jahre Spaß und Freude bereitete, zu schließen.

Wie viele Exemplare wurden insgesamt verkauft?
Von uns direkt um die 15.000 Stück, von den offiziellen Lizenznehmern rund 5.000 und von den Raubkopien - 20.000 oder mehr?

Infos 
[1] 64'er Sonderheft 25, Markt und Technik-Verlag, 1987
[2] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 7/86, Seite 113
[3] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 9/86, Seite 122
[4] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 12/86, Seite 126
[5] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 4/87, Seite 91
[6] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 11/87, Seite 145
[7] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 12/87, Seite 149
[8] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 1/88, Seite 147
[9] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 3/88, Seite 122
[10] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 4/88, Seite 140
[11] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 12/88, Seite 132
[12] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 10/88, Seite 132
[13] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 3/89, Seite 137
[14] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 5/89, Seite 107
[15] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 11/89, Seite 109
[16] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 01/90, Seite 113
[17] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 09/90, Seite 83
[18] Anzeige in der Zeitschrift 64'er, Ausgabe 03/91
[19] 64'er, Ausgabe 5/86, Seite 12, Markt und Technik Verlag
[20] 64'er, Ausgabe 6/88, Seite 30ff, Markt und Technik Verlag
[21] 64'er, Ausgabe 11/91, Seite 14ff, Markt und Technik Verlag
[22] Happy Computer, 7/89, Seite 32ff, Markt und Technik Verlag
[23] Handbuch von Dolphin DOS 2.0 in der englischen Fassung: http://project64.c64.org/hw/dolphindos.txt
[24] Quickmanual von Dolphin DOS 3.0: http://www.softwolves.pp.se/idoc/
[25] Nicolas Weltes Hardwareprojekte (darunter das 6502 RAMROM): http://x1541.de
[26] StarCommander, ein Programm zur Datenübertragung zwischen PC und 1541-Laufwerk: http://sta.c64.org
[27] Wolfgang Mosers (Test-)Bericht zum 6502 RAM/ROM: http://d81.de
[28] Tim Schürmann: Professional DOS - Das System http://www.tim-schuermann.de/c64/de/2002/profdos1.html

Version 1, veröffentlicht am 23.12.2003


Copyright (C) 2003 Tim Schürmann
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