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Fan-Adventure Zak McKracken: Between Time and Space
Zeitreisendes Biogemüse
von Tim Schürmann (mit Dank an Georg Fuchs und Arndt Dettke)
Ganze sieben Jahre werkelten die Artificial Hairbrothers an einem inoffiziellen
Nachfolger zum Kultspiel Zak McKracken. Herausgekommen ist das vermutlich
längste, aufwendigste und schönste Fan-Adventure der letzten Jahre.
1988 rettete der Boulevardreporter Zak McKracken die Welt vor den außerirdischen
Caponiern. Diese hatten sich mit hohen Cowboyhüten, einer Nasenbrille
und falschem Bart verkleidet unter die Menschen gemischt und die weltweit
operierende Telefongesellschaft übernommen. Über deren Netz verbreiteten
sie einen speziellen Ton, der langsam, aber sicher alle Menschen verdummen
ließ. Die Geschichte sprühte vor aberwitzigen Einfällen und
einzigartigen Charakteren, wie dem berühmt gewordenen zweiköpfigen
Eichhörnchen.
Ansturm
Im Gegensatz zu anderen Adventures aus dem Hause LucasFilm Games (heute LucasArts)
blieb Zak McKracken eine Fortsetzung verwehrt - zum Leidwesen vieler Fans.
Diese krempelten kurzentschlossen selbst die Ärmel hoch und setzten
sich an einen inoffiziellen Nachfolger. So entstanden im Laufe der Jahre
viele interessante Projekte, die jedoch meist schnell wieder einschliefen.
Das gleiche Schicksal schien auch „Zak McKracken: Between Time and Space“
zu ereilen. Die Homepage wies nur sporadische Lebenszeichen auf, neue Bilder
vom Spiel oder andere Appetitanreger suchte man vergebens. Daher überraschte
das Entwicklerteam „Artificial Hairbrothers“ im April 2008 mit der Meldung,
das Spiel endlich fertiggestellt zu haben und es in Kürze als kostenlosen
Download freigeben zu wollen. Zum Veröffentlichungstermin am 19. April
wurde eigens eine Releaseparty in Köln auf die Beine gestellt. Wer sich
dort einfand und einen kleinen Obolus entrichtete, bekam auch gleich noch
eine professionell produzierte DVD mit dem Spiel in die Hand gedrückt.
Der Platz auf diesem Datenträger war auch bitter nötig: Während
sich das Ur-Zak-McKracken mit zwei labberigen 5,25-Zoll-Disketten begnügte,
protzt das Sequel mit Sprachausgabe, hochauflösender Comic-Grafik und
zahlreichen Videosequenzen. Fast 2 GByte Daten wollen vor dem ersten Start
auf die Festplatte geschaufelt werden. Kein Wunder, dass die Downloadserver
kurz nach der Veröffentlichung regelmäßig zusammenbrachen.
Mittlerweile hat sich die Lage zwar entspannt, Besitzer von Modem oder ISDN-Leitung
werden dennoch nicht besonders jubeln. Leider untersagt der Markeninhaber
LucasArts jegliche Verbreitung als Beilage auf Heft-CDs oder ähnlichen
Wegen, so dass man auf den Download aus dem Internet festgenagelt bleibt
[1]. Glücklicherweise gestattet LucasArts überhaupt die Verbreitung
des kostenlosen Adventures. In der Vergangenheit war man nicht immer so generös
und ließ verschiedene Monkey-Island- und Maniac-Mansion-Fanprojekte
schließen.
Wiedersehen macht Freude
Davon blieben die Artificial Hairbrothers glücklicherweise verschont
und so sprintet ein sichtlich gereifter Zak McKracken genau zwanzig Jahre
nach seinem ersten Einsatz über ein Rollfeld, versteckt sich in letzter
Sekunde im Frachtraum eines kleinen Passagierflugzeuges, um dort erneut die
unliebsame Bekanntschaft der außerirdischen Caponier zu machen. Mit
dieser nervenaufreibenden Sequenz startet Zak McKracken: Between Time and
Space. Während die Außerirdischen das Flugzeug auf den Kopf stellen,
gilt für den Spieler zunächst, dem Antihelden zur Flucht zu verhelfen
- was natürlich gründlich misslingt. Im letzten Moment dringen
die Caponier in den Laderaum ein, stellen Zak und setzen ihn mit einem gezielten
Schlag auf den Hinterkopf außer Gefecht. Mit brummendem Schädel
wacht der Reporter schließlich in seinem bescheidenen Schlafzimmer
auf. Bevor man sich gemeinsam mit dem (hier fehlt ein Wort! AD) unter Gedächtnislosen
auf die Suche nach einer Erklärung für die Ereignisse macht, darf
man noch einen von zwei Schwierigkeitsgraden wählen. Die beiden unterscheiden
sich lediglich in der Anzahl und Schwere der zu lösenden Puzzles. Obwohl
sie bis auf ganz wenige Ausnahmen logisch sind, geraten im „harten“ Modus
selbst geübte Rätselprofis recht schnell ins Schwitzen - und in
Versuchung, in einer Lösung zu spicken.
Alte Bekannte
Die Macher des Spiels schaffen es sehr gut, den alten Charme des originalen
Spiels einzufangen. Auch im Nachfolger reist Zak um den halben Erdball und
trifft dabei auf einige alte Bekannte, wie seine mittlerweile mit einem Franzosen
durchgebrannte Freundin Annie, eine sich beständig leerende Cash-Card,
eine penetrante Stewardess oder den recht gewalttätigen Bäcker.
Verzichtet wurde komplett auf Labyrinthe, deren Durchquerung die Spieler
im Original einige Nerven kostete.
Die Entwickler brachten aber auch massig neue Ideen ein. So wohnt beispielsweise
in der Nachbarschaft ein äußerst gesprächiger Frisör,
der Zak unbedingt eine seiner modischen Perücken andrehen will. Aufgrund
der eigenständigen Hintergrundgeschichte muss man den Vorgänger
nicht zwangsweise kennen, viele Witze und Anspielungen verpuffen dann aber.
Teilweise bleibt man sogar mit einem Fragezeichen auf der Stirn zurück,
beispielsweise wenn der Bäcker mit altem Brot im wahrsten Sinne des
Wortes um sich schießt. Der Untertitel des Spiels ist ebenfalls etwas
irreführend: Um Zeitreisen dreht es sich nur am Rande. Stattdessen bekommt
es Zak im späteren Verlauf mit genmanipuliertem Gemüse und depressiven
Gärtnern zu tun.
Bedienung!
Die Steuerung erfolgt ganz im alten Stil über eine Verbenliste am unteren
Bildschirmrand. Dort wählt man eine Aktion und klickt dann in der Szene
auf den zu manipulierenden Gegenstand. Im Gegensatz zum originalen Zak McKracken
wurden die Aktionsmöglichkeiten grundlegend entschlackt: Eine Tür
entriegelt man nicht mehr explizit per „Schließe auf“, sondern indem
man einfach den Schlüssel mit der Tür „benutzt“. Die Bedienung
entspricht somit weitestgehend der Steuerung aus Monkey Island II. Wer jedoch
die extrem vereinfachte Bedienung moderner Adventures gewohnt ist, wird das
alte System als äußerst umständlich empfinden. Wünschenswert
wären deshalb ein paar kleinere Hilfen gewesen, wie beispielsweise das
Betrachten eines Gegenstandes per Rechtsklick.
Gefundene Gegenstände wandern in das Inventar in der unteren, rechten
Ecke. Das Aufspüren von brauchbaren Utensilien in den liebevoll und
detailreich gezeichneten Szenen ist allerdings häufig alles andere als
einfach. So ist man immer wieder zum sogenannten Pixelhunting gezwungen,
dem peniblen Absuchen des Bildschirms nach verwertbaren Materialien. Einige
Gegenstände sieht Zak zudem erst, wenn er zuvor eine ganz bestimmte
andere Aktion ausgeführt hat: Beispielsweise findet der Protagonist
im Laderaum des Flugzeugs die Ersatzsicherung erst dann, wenn eine alte zuvor
an anderer Stelle herausgesprungen ist. Folglich heißt es, auch schon
einmal besuchte Orte immer mal wieder erneut zu abzuklappern.
Es spricht
Ungewöhnlich für ein Fan-Adventure ist die durchgängige Sprachausgabe.
Die Macher konnten für das Spiel einige hochkarätige Sprecher gewinnen,
die den Figuren kostenlos ihre Stimme liehen.
Sogar David Fox, der Erfinder von Zak McKracken, hat mehrere kleine Gastauftritte.
Obwohl die Aufnahmen nicht in einem Studio aufgenommen wurden, klingen sie
äußerst professionell und stimmig. Einzig die teilweise extrem
schwankende Lautstärke fällt negativ auf. Hier hätten die
Entwickler vor der Veröffentlichung noch eine Angleichung vornehmen
sollen, da gerade in leisen Partien die Hintergrundmusik die Sprecher zu
übertönen droht. Abdrehen kann der Spieler das launige Gedudel
leider nicht, da entsprechende Regler komplett vergessen wurden.
Etwas schwankend ist auch der Grafikstil der Figuren: Einige passen sich
wunderbar in die Hintergrundgrafik ein, andere wirken etwas aufgesetzt. Dazu
zählt auch der Protagonist, der zwar sehr schön gezeichnet ist,
für den Comic-Look des restlichen Spiels aber dennoch etwas zu realistisch
wirkt.
Fazit
Dies sind jedoch nur kleine Kritikpunkte am Rande eines hervorragenden und
liebevoll gestalteten Fan-Adventures. Zak-McKracken-Fans und Adventure-Liebhaber
sollten unbedingt einen Download wagen.
Die erste Version von Zak McKracken: Between Time and Space kämpft allerdings
noch mit ein paar Kinderkrankheiten, die sich vor allem in gelegentlichen
Abstürzen manifestieren. Abhilfe kann hier die Installation eines neuen
Xvid-Codecs schaffen. Das Forum auf der Homepage [1] hält hierzu detaillierte
Anleitungen und weitere Hinweise bereit.
Infos |
[1] Homepage und Download von Zak McKracken: Between Time and Space: http://www.zak2.org
|
Version 1, veröffentlicht am 28.12.2008
Copyright (C) 2008 Tim Schürmann
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